Leipzig hat einige sehr korrekte Vorteile, vielleicht weil es eine Stadt ist die nicht unerheblich für Kunstschaffende ist und man als Bewohner und Besucher besonders davon partizipieren kann. Das Gute daran ist, dass man immer wieder Künstler findet die auf Ihre Art besonders sind. Vielleicht passiert das auch in anderen Städten (Berlin sowieso, Dresden vielleicht auch noch … Halle? – Ach lassen wir das) jedenfalls ergibt sich immer mal etwas, was man nicht wirklich auf den Schirm hat und das fühlt sich recht gut an, ist unterhalten dazu und die Investition dafür ist erfreulich gering.
Kultur in kleinen Räumen hat schon was
Nun – letzten Freitag war so ein Moment, irgendwie bin ich über die Konzertankündigung von Bernd Begemann im Horns Erben gestolpert. Ich kenne Begemann eigentlich nur aus seinem Filmpodcast und dort gefällt mir seine Art und Weise über Filme und Filmgenres zu plaudern, die Stimme, der leicht nervig-gelangweilte-arrogant-sarkastische Ton – sehr feiner Hörgenuss.
Die Konzertankündigung überschlug sich mit dem Pressetext förmlich
„Bernd Begemann hat keinen Blues und Soul, Bernd Begemann IST Blues und Soul. Alles zwischen Liebe und Krieg nimmt Begemann wahr und schreibt darüber seine Lieder. Solange dieser Mann singt und auftritt, ist die Welt noch nicht im Geringsten verloren. Vielleicht aber etwas ungerecht. Hört Bernd!“
und da ich ihn auf meiner imaginären Liste, „Konzerte die ich gerne besuchen will“ stehen habe, bedurfte es nicht viel mir die Karten zu kaufen.
Freitagabend, etwas Stress mit der Nachwuchsbetreuungsorga dafür trotzdem kurz vor acht in Horns aufgeschlagen kommt erstmal Frust auf – Konzertebene noch zu – och Männo Leute! – sonst sind die Starts im Horns wegen der Nachbarn doch immer überpünktlich. Hätte wir uns auch Zeit lassen können.
Überraschungsmomente für mich
Mit etwas Verspätung startet das Konzert ohne großes Tamtam, Begemann fummelt erstmal im Halbdunkel am Mischpult rum, um dann ganz einfach loszulegen. Heimspiel wie man mitbekommt, ich vermute vier-fünftel der Leute kennen die Lieder auswendig und lachen an Stellen die man wohl nur als dauerhafter Begemann-Konzertgänger kennt. Für mich sehr überraschend – weil, ich hab mir davor nie seine Lieder angehört – hey die Stimme ist ja ganz anders – anders, in für mich nicht positiven Sinne – aber er selbst nur mit E-Gitarre und Verstärkern am Start, was ich im Gegensatz zu den Songs auf Soundcloud, die ich gerade laufen lasse während ich das hier schreibe, sehr korrekt finde.
Begemann die Ein-Mann-Unterhaltungs-Maschine
Der Künstler selbst ist allerdings ein etwas fülligere-schwammiges Abbild seiner Konzertfotos – auch überraschend – aber er kann dadurch seine E-Gitarre locker fluffig vor seinem Bauch schwingen lassen. Die Musik selbst erinnert mich an Stoppock der 90iger, nicht ganz so rockig, Texte und Grundstimmung kommen für mich aus dieser Ecke. Die Performance war so ziemlich der Knaller. Begemann ist eine Ein-Mann-Unterhaltungs-Maschine, singt – animiert läßt sich feiern, nimmt sich selbst auf die Schippe und agiert mit dem Publikum als kennt man sich und weiß was der andere Gegenüber in der nächsten Sekunde macht. Sehr fein. Die Stimmung und die Performance lies selbst dann nicht nach, als er auf Unplugged umstellen musste – wegen der vorgerückten Stunde und der Nachbarn.
Das waren über zwei Stunden sehr schöne Abendunterhaltung die ich jedem empfehlen kann.
Hier noch die Links zu Texten von Leuten die besser schreiben können als ich:
„Bernd Begemann ist ein Unding. Ein selbstverliebter Schwätzer, der neue Platten herausbringt, auf denen dann Songs sind, die sich genauso anhören wie die auf den alten Platten.“
(Zeit.de)
„Wenn es einen Musiker gibt, der Hamburg personifiziert, dann ist es Bernd Begemann. Richtig, Bege, nicht die ollen Streber von der Hamburger Schule.“
(eclát)
Schmähkritik (455): Bernd Begemann über Gisbert Zu Knyphausen (taz)
Revolverheld klingt wie Bierwerbung (WN)
Eine fulminante Rückkehr (D-Radio)
…und zum Schluß noch ein paar unscharfe Impressionen des Abends.